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Das wahre Leben in der Ostzone (SBZ) |
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Lucifer
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Das wahre Leben in der Ostzone (SBZ) |
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Hallo Leute,
heute möchte ich mal diesen Thread eröffnen, woran sich natürlich gern viele User beteiligen dürfen, und den ich bewußt so genannt habe, wie er hier heißt.
Vergeßt solche Kitschfilme wie "Goodbye Lenin" oder "Sonnenallee". Das waren reine Komödien, die nichts, aber auch gar nichts mit dem echten Leben in der damaligen DDR zu tun hatten und alles nur ins Lächerliche zogen. "Das Leben der Anderen" war da schon ein wenig realistischer, aber nur ein wenig.
Alles, was ich Euch hier schreibe, habe ich selbst erlebt!
Das Wort "DDR" habe ich früher nur sehr ungern über meine Lippen gebracht und nur, wenn ich wirklich dazu gezwungen war, z.B. im Staatsbürgerkundeunterricht, in UTP (Unterrichtstag in der Produktion), in ESP (Einführung in die sozialistische Produktion)[das waren alles Unterrichtsfächer der 9. und 10. Klasse, außerhalb der Schule, also in irgendeiner LPG, wozu man erst mit dem Bus hinfahren mußte] oder in der FDJ-Versammlung.
Da wir seit 1957 (ich war 6) Westfernsehen, mehr schlecht als recht, empfangen konnten, war mir der Begriff "Ostzone" oder "SBZ" für Sowjetisch Besetzte Zone schon sehr früh geläufig und das, was viele Leute, vor denen ich mit den Jahren Angst bekam oder ihnen sehr mißtraute, mit "DDR" bezeichneten.
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Es war 1963, ich war unbeschwerte 12 Jahre alt und wartete jeden Morgen um 7Uhr15 auf den Schulbus, der uns mit in das nächste Dorf (2km) nahm, wo unsere Schule stand. Die älteren Schüler fuhren noch 7km weiter in die Kreisstadt, entweder zur Erweiterten Oberschule, heute sagt man Gymnasium, oder zur Polytechnischen Oberschule, heute sagt man Realschule.
Schräge gegenüber von unserer Bushaltestelle im Heimatdorf befand sich eine große Bretterwand zwischen zwei Grundstücken, etwa 2m hoch und 6m lang. Diese Bretterwand wurde gern zum Plakatieren von aktuellen Aufrufen und Losungen genutzt.
Da im Oktober 1963 Wahlen zur Volkskammer der DDR angeordnet waren, hingen an dieser Wand schon 3 Monate vorher die obligatorischen Wahlplakate und Aufrufe zur Wahl für etwaige Unentschlossene.
Uns als 12jährige hat das damals nie interessiert, obwohl wir dort täglich mehrmals daran vorbeigelaufen sind. In dem Alter hatten wir noch ganz andere Interessen, als Politik.
An einem Tag im September 1963, ich weiß es noch genau, kam mitten in der 4. Stunde die Sekretärin vom Direktor in den Unterricht und sagte der Lehrerin, daß sie mich mal kurz mitnehmen müßte ins Lehrerzimmer, da wären 2 Herren, die einige Fragen an mich hätten. Vielleicht könnt Ihr Euch in dem Moment mein versteinertes ängstliches Gesicht vorstellen. Ich war total ahnungslos, wußte von nichts, hatte aber große Angst, weil ich schon viele Geschichten über sowas gehört hatte, ja auch in dem Alter schon.
Oben im Lehrerzimmer traf ich auf zwei schlanke Männer in dunklen langen Mänteln, genau wie später im Film, tztztz, ungefähr mitte 30 mit sehr ernsten Mienen. Nach der kurzen Vorstellung begann eine 2stündige Tortour, die ich mein Leben nicht vergessen kann. Sie beschuldigten mich, 2 Wahlplakate abgerissen zu haben und wenn ich nicht die Wahrheit sagen würde, würden meine Eltern ihre Arbeit verlieren und meine Brüder würden in ein Heim kommen und ich in einen Jugendwerkhof, bis ich volljährig wäre.
Jedes Kind in der DDR wußte damals, was ein Jugendwerkhof ist und wie es dort zuging. Sie redeten ständig auf mich ein und ihre Drohungen wurden immer schlimmer, dabei wußte ich überhaupt nicht, was sie von mir wollten, denn die blöden Plakate haben mich doch gar nicht interessiert. Nach ca. 1 Stunde war ich nur noch am Heulen, ich war 12 Jahre alt, und konnte immer nur beteuern, daß ich von allem nichts wußte.
Darauf änderten sie ihre Taktik und ließen immer wieder anklingen, daß mich mehrere Personen bei dieser "schweren Straftat" beobachtet hätten. Mit verheulten Augen bat ich immer wieder, mir doch die Personen zu nennen, die mich angeblich beobachtet hätten. Aber es kam nichts, nur neue Drohungen und Einschüchterungen.
Zum Schluß, die ganze Zeit überlegte ich, wie sie gerade auf mich gekommen sind, boten sie mir einen Deal an: Wenn ich nicht der Haupttäter wäre, dann könnte ich bestimmt eine Person nennen, der ich sowas zutrauen würde. Wie ein Blitz schoß es mir damals durch den Kopf, daß diese Typen genau diese Frage schon vorher jemand anderem gestellt hatten und deswegen ich nun hier sitze. Also machte ich das gleiche und erzählte denen, nach sehr langem Achsezucken, daß, wenn ich das überhaupt jemandem zutrauen würde, dann nur einem, nämlich diesem vermeintlichen Kumpel.
Ich weiß, das war nicht in Ordnung, aber ich wear 12 Jahre alt und hoffte nicht mehr, als freier Junge heute nach Hause gehen zu dürfen, mit allen bösen Konsequenzen, die mir angedroht und "wunderbar" bildlich ausgeschmückt wurden.
Ende vom Lied: Der Unterricht war für die anderen inzwischen zu Ende und ich kam doch noch an dem Tag nach Hause, erzählte alles meinen Eltern und beteuerte immer wieder meine Unschuld und Ahnungslosigkeit.
Ich habe noch jahrelang oft davon geträumt und muß heute noch daran denken.
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Solche Geschichten habe ich viele erlebt, weswegen ich auch eine tiefe Abneigung gegen die "Diktatur des Proletariats" habe mit all den Rot-Front-Liedern, sei es von Ernst Busch, dem Oktoberklub oder sonst wem.
Ostalgie finde ich gut, aber nur, was erhaltenswert ist, auf keinen Fall diese Reden und Gesänge von Leuten, die die Stasi nur benutzt hat, um uns zu unterdrücken und kleinzuhalten.
__________________ Lieben Gruß
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Lucifer: 22.02.2016 23:57.
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22.02.2016 04:12 |
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